Sonntag, 14. August 2011

Rechtspolitische Vision: Wechselmodell als Norm!

"(...) Man darf im Hintergrund nicht übersehen, daß der „Barunterhalt“ erst eine sekundäre Pflicht ist, bzw. sein sollte. Das, was Eltern ihren Kindern an erster Stelle schulden, ist Elternschaft, nicht Unterhalt. Das reicht viel weiter als eine Geldrente. Eltern sein bedeutet unter anderem auch für das Kind Schutz, Betreuung, Verantwortung, Ansprechpartner, das bedeutet elterliche Liebe, Zuständigkeit, Vertretung, Fürsorge und Versorgung. Und Frauen haben darauf keineswegs ein Monopol.

An erster Stelle also sollte Unterhaltspflicht in Form von Elternschaft stehen, nicht die Zahlung einer Geldrente. Eltern haben für ihre Kinder da zu sein, sie zu betreuen, sie machen ihnen Geschenke und bezahlen das Essen für sie und später das Taschengeld.

Erst, wenn dies aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert, darf in Ausnahmenfällen auf eine Geldleistungspflicht umgestiegen werden.

Diese Voraussetzungen sollten als Ausnahme vom Gesetzgeber formuliert werden. Und dazu reicht die Umgangsverweigerung durch die Kindesmutter keineswegs aus. Im Gegenteil sollte auch das Prinzip vorgegeben sein, daß dann, wenn sich die Kindesmutter dem Wechselmodell verschließt und die Kooperation schuldhaft verweigert, dies automatisch auch die Unterhaltsberechtigung als Barzahlungsberechtigung ausschließt.

Ob sich aus dem Gleichheitsgrundsatz sogar eine Verpflichtung der Gerichte ergibt, das Wechselmodell anzuordnen, wird noch verfassungsrechtlich zu klären sein. Unabhängig vom Ausgang derartiger Verfahren ergibt sich aber bereits jetzt die Forderung an den Gesetzgeber, hier erheblich nachzubessern.

Der Ansatz zur Begründung des Wechselmodells wäre wohl in § 1612 Abs. 2 BGB zu finden: „Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird.“

Das Verlangen nach dem Wechselmodell wäre solch eine Bestimmung der Art des Unterhalts. Und wenn die Gerichte dem nicht den Vorrang einräumen, dann bedarf es dazu mehr als die Vorgabe eines fiktiven “Idealelternpaares”, das es in Wirklichkeit in ganz Deutschland noch nie gegeben hat und auch nicht geben wird.

Es ist (...) nicht “allgemein anerkannt, dass ein solches Wechselmodell nur dann in Betracht zu ziehen ist, wenn die Eltern in der Lage sind, ihre Konflikte einzudämmen, sie beide hochmotiviert und an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet sind, sie kontinuierlich kommunizieren und kooperieren können und wollen.”

Ein derartiger - im übrigen im Familienrecht sowieso vollkommen atypischer Ansatz stellt geradezu eine Aufforderung an die Kindesmutter dar, die Kommunikation und die Kooperation mit dem Kindesvater zu verweigern. Dadurch kann sie nämlich auf ganz einfache Art und Weise das Wechselmodell boykottieren. Und der Kindesvater ist dem gegenüber vollkommen machtlos. Da kann er noch so sehr “kommunizieren und kooperieren”.

In solch einer Situation müssten die Gerichte ganz anders den vollkommen gegenteiligen Schluss ziehen, dass nämlich dann erst recht im Interesse des Kindeswohl das Wechselmodell angebracht ist."

Quelle: Rechtsanwalt Andreas Fischer
http://rechtsanwalt-andreas-fischer.de/2011/04/22/wechselmodell-und-unterhalt-nach-%C2%A7-1612-abs-2-bgb/print/

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